Dem Gottesdienst ist nichts vorzuziehen…

…schreibt der Hl. Benedikt, Vater des abendländischen Mönchtums, schon im 6. Jahrhundert in seinen Klosterregeln. Aber worauf lasse ich mich da ein, wenn ich mich zum Gottesdienst einladen lasse? Was passiert da, gibt es einen roten Faden in dieser Feier?

Ein evangelischer Gottesdienst besteht aus einer feststehenden Reihenfolge von einzelnen Elementen, von denen aber viele von Sonntag zu Sonntag variiert werden. So bietet er sowohl Sicherheit in der Grundanlage als auch Vielfalt in den Ausdrucksformen.
Unser Gottesdienst kann gut mit einer Feier im familiären oder beruflichen Rahmen verglichen werden. Die beginnt damit, dass die Gäste eintreffen und vom Gastgeber begrüßt werden. Man tauscht sich aus, sagt, wie es einem geht und kommt miteinander ins Gespräch.
Im Gottesdienst versammelt sich die Gemeinde und wendet sich Gott zu in Liedern und Gebeten, mit überlieferten alten und mit neuen eigenen Worten (Teil A: Eröffnung und Anrufung, in St. Marien am Anfang zusätzlich Begrüßung und Mitteilungen aus dem Gemeindeleben).
Bei der Familienfeier werden dann Reden gehalten: Der Jubilar begrüßt die Gäste, er wird mit Gedichten oder Redebeiträgen geehrt, manchmal findet ein Festvortrag statt.
Im Gottesdienst ist das der Teil, wo aus der Heiligen Schrift, dem Alten und Neuen Testament, vorgelesen und darüber gepredigt wird (Teil B: Bekenntnis und Verkündigung ).
Und dann wird gegessen und getrunken – bei der Feier meist sehr üppig und gehaltvoll.
Beim Abendmahl im Gottesdienst genügen ein kleines Stück Brot und ein Schluck Wein, um Gemeinschaft mit Christus und untereinander herzustellen (Teil C: Abendmahl, in St. Marien am ersten Sonntag im Monat sowie am ersten Festtag von Weihnachten, Ostern und Pfingsten). Ausführlich feiern werden wir im Himmlischen Jerusalem, wenn uns nichts mehr trennt und wir mit Gott gemeinsam am Tisch sitzen.
Und nach dem Essen? Da neigt sich die Feier dem Ende entgegen und man verabschiedet sich, trifft Verabredungen und tauscht gute Wünsche aus. Bis zum nächsten Mal…!
Im Gottesdienst (Teil D: Sendung und Segen) wird ein letztes Mal gebetet und ganz am Ende steht der Segen: die Zusage, dass Gott uns auf unseren Lebenswegen – in den nächsten Tagen und immer – begleitet.

Die einzelnen Teile des Gottesdienstes sehen von Sonntag zu Sonntag unterschiedlich aus. Mal sind es fröhliche Lieder, die gesungen werden, mal eher besinnliche. Die Gebete sprechen ihre eigene Sprache und der Text für die Predigt ist auch jeden Sonntag anders. So bietet der Gottesdienst beides: Er ist wiedererkennbar in seinen grundsätzlichen Abläufen und Stücken, aber vielfältig und situationsbezogen in der jeweiligen Ausprägung. Aber er ist immer und grundsätzlich bezogen auf Gott, der zu uns spricht in seinem Wort, und dem wir antworten in Gebet und Lobgesang (Martin Luther). Und darum – meint nicht nur Benedikt – ist ihm nichts vorzuziehen. Warum also nicht einfach mal hingehen: „Kommt und seht!“ (Joh 1,39)

Verfasserin: Pfarrerin Sabine Zorn, Arbeitsstelle Gottesdienst der Evangelischen Kirche von Westfalen